Die St. Marcus Kirche

Kirche in Wettmar: Ansichten der Ost- Westfassade. Von C.W. Hase 1852

Wie alles begann.

 

Schon im 12. Jahrhundert besaß die Gemeinde eine eigene Kapelle. Als sich das Kirchspiel am 15. November 1307 am Katharinentag von der Muttergemeinde St. Pankratius in Burgdorf für 523 Hildesheimer Münzen loskaufte, wird auch eine größere Kirche gebaut, die dem heiligen Magnus geweiht ist. Durch einen Fehler bei der Herstellung eines neuen Siegels existiert seit 1872 der Name St. Marcus

 

Die erste große Kirche dient der Gemeinde bis zum Jahre 1624. Raubende, mordende und brandschatzende Horden vernichten das Gebäude.

 

Provisorisch wurde die Kirche dann wieder hergerichtet und endgültig von 1688 bis 1694 fast neu erbaut und erweitert. Die Mauern aus Ortstein hatten eine Länge von 63 Fuß, eine Breite von 36 Fuß und eine Höhe von 15 Fuß. Dreieinhalb Fuß breit war das Mauerwerk. Das Dach war mit Ziegeln gedeckt. Im Inneren befinden sich der Kanzelaltar und drei umlaufende Priechen (Emporen). Ein Taufengel wurde gestiftet und 1774 auch eine Orgel durch die Firma Zuberbier in Hannover eingebaut.

 

Der Turm war wie viele Exemplare noch heute (Kirchhorst, Wienhausen, Beedenbostel) eine Holzkonstruktion mit Brettern verkleidet. Er maß 36 Fuß in der Höhe und 15 Fuß in der Breite. Drei Glocken bilden das Geläut.  Haus für Haus, Familie für Familie hatte finanziell zum Neubau der Kirche beizutragen. – Und das nach den Nöten des dreißigjährigen Krieges!

 

Die alte St. Magnus Kirche stand am Dorfrand inmitten des Kirchhofs, auf dem die Einwohner des Kirchspiels bestattet wurden. Gut 150 Jahre diente sie als Gotteshaus der Gemeinde. Zuletzt war sie zu klein geworden und sehr baufällig. Es musste etwas geschehen. Der Kirchenvorstand beschließt, eine längst fällige Erneuerung der Kirche vorzunehmen.

 

Am 4. April 1850 legt der Amtszimmermeister Klauke aus Burgdorf einen Kostenvoranschlag über 227,13 Reichsthaler vor. Die anvisierten Arbeiten kamen nicht mehr zur Ausführung.

 

24. Juni 1850 gegen 18 Uhr legte ein Großbrand die Kirche, das Pfarrhaus und das Pfarrwitwenhaus mit 50 weiteren Gebäuden in Schutt und Asche-

 

Anfang Juli 1850 bereitete eine zweite Feuersbrunst, die auf Brandstiftung zurück geführt wurde, noch größere Not. Weitere 59 Gebäude wurden ein Raub der Flammen. Im ganzen Königreich Hannover ist für die ,,Abgebrannten aus Wettmar“ gesammelt und von den Kanzeln der Kirchen im Lande um Hilfe gebeten worden. Mit dieser Hilfe und staatlicher Unterstützung wurde bereits ein Jahr nach der Katastrophe ein großer Teil des Dorfes wieder aufgebaut. Auch ein neues Gotteshaus sollte auf den Grundmauern der niedergebrannten St. Magnus Kirche entstehen. Der Kirchenvorstand beauftragte den Amtszimmermann Klauke aus Burgdorf, nun den Entwurf für einen Neubau an der gleichen Stelle zu zeichnen. Wegen konstruktiver und funktioneller Unzulänglichkeiten wird dieser aber bereits 1851 vom Consistorium (Landeskirchenamt) in Hannover abgelehnt. Der Neubau des Pfarrhauses hingegen kommt 1851/52 durch die Firma Klauke im Fachwerkstil zur Ausführung.

 

Ein weiteres Hindernis für den Kirchenneubau stellt sich ein. Laut Gutachten des Landesbaudirektors Eichhorn in Celle ist das alte Gemäuer so marode, und durch den brand mürbe geworden, das der Neubau an dieser Stelle nicht errichtet werden darf.

 

Mittlerweile hatte sich der Kirchenvorstand an den Bauinspektor und Lehrer für Baukunst Conrad Wilhelm Hase in Hannover gewandt. Er wurde gebeten, die Planung und Ausführung des Neubaus in die Hand zu nehmen. Hase lehnte zunächst wegen anderer dringender Verpflichtungen ab. Überraschend teilte er dann aber den Wettmarern mit, dass er die gewünschte Bearbeitung des Bauprojekts übernehmen werde.

 

Am 25. April 1852 übersendet Hase einen ersten Vorentwurf. Diese Kirche würde 700 bis 1.000 Personen Platz bieten. Sie wird gekrönt von einem wuchtigen Turm, der auch wieder drei Glocken aufnehmen kann. Die Kosten schätzt Hase auf 11.000 bia 12.000 Reihsthaler.

 

Im Dezember 1852- nach einer inspirierenden Italienreise – hat er die Bauzeichnung fertig. Der Kirchenvorstand nimmt die Pläne begeistert auf. Wieder kommt ein Dämpfer. Der endgültige Kostenanschlag für die komplette Kirche wiest einen Betrag von 17.790 Rth. aus. Das ist zuviel! Eine Gemeindeversammlung soll entscheiden, ob die Christen in den drei Dörfern diese Summe aufbringen können und wollen. Das Ergebnis war negativ.

 

 

Grundriss der Kirche in Wettmar. C.W. Hase 1853. Kleine Lösung

Von Seiten der Gemeinde bestand man darauf, den Amtszimmermeister Klauke noch einmal Zeichnungen anfertigen zu lassen. Er verpflichtete sich diese innerhalb von vier Wochen verwendungsreif abzuliefern. Die Zeit verstrich. Trotz ausgehandelter Vertragsstrafen meldete sich Klauke nicht.

 

Enttäuscht wendet sich –etwas kleinlaut- der Kirchenvorstand erneut bei Hase, der sich im Februar 1853 ,,nach mancherlei Bedenklichkeiten“ bereit erklärt, einen neuen Riß, wozu der Kostenvoranschlag um 5.000 bis 6.000Rth niedriger ausfallen würde als bei dem ersten, bis Mitte April zu liefern. Die am 17. April 1853 fertiggestellten  Bauzeichnungen werden vom Konsistorium am 8. Juli genehmigt mit der Maßgabe, die Anzahl der Sitze auf gut 500 zu bringen.

Querschnitt der Ausführung 1854/55 C.W. Hase

Endlich, nach vielen Querelen beginnt der Haseschüler Ludgwig Bähr mit der Ausführung des Baues im Frühjahr 1854. Mit den exakten Detailzeichnung Hases bringt er den Bau der Kirche zügig voran. Hase selber ist währenddessen intensiv mit dem Bau des Künstlerhauses in Hannover beschäftigt.

 

Am Erntedankfest, dem 7. Oktober 1855, konnte die neue Kirche für Wettmar, Engensen und Thönse eingeweiht werden. Noch fehlte die Orgel, die mit zwei Manualen, sowie 15 klingenden Registern in der Orgelbauwerkstatt Andreas Engelhardt in Herzberg fertig gestellt wurde.

 

Auch die Turmuhr, die die Firma J.F. Weule aus Bockenem lieferte, war noch nicht eingebaut. Zwei Glocken, die überwiegend aus dem Metall der drei beim großen Brand geschmolzenen Klangkörpern von Stückgießer Friedrich Dreyer aus Hannover neu geformt wurden, riefen die große Gemeinde zum Gottesdienst,

 

Die erste größere Renovierung der Kirche fand 1965 statt. Die Kanzel wurde abgebaut, das Lesepult zur Kanzel verändert. Der Altar und die Kanzel, sowie die Emporen wurden in schlichtem Weiß gehalten. Der durch mehrere Blitzeinschläge (1921 u. 1932) stark in Mitleidenschaft gezogene Turm mit einem Maß von 33,30 m, bekam 1967 eine Kupferkrönung.

 

Bangen musste die Gemeinde um ihre Kirche als in der Nacht vom 6. zum 7. Mai 1978 gegen 1.15 Uhr ein Brand im Dachstuhl ausbrach. Große Teile der Turmbekrönung, der Holzdecke und des Dachstuhls wurden ein Raub der Flammen. Das Feuer zerstörte auch die Glocken und die Uhr. Löschwasser machte die gerade renovierte Orgel unbrauchbar. Nur der schnelle und koordinierte Einsatz der FFW Wettmar und benachbarten Wehren hat die Gemeinde damals vor einem Totalverlust ihrer Kirche bewahrt.

Vorseite: Kirche in Wettmar von Südosten. Entwurf C.W. Hase 1853

Dank der Zuweisung der Landeskirche und den Erlösen aus der Versicherung konnte der Wiederaufbau ohne große Belastungen in Angriff genommen werden. Die Orgel wurde noch einmal restauriert, das Kirchenschiff bekam eine neue Holzdecke in den natürlichen Farben.  Vor allem konnten die puristischen Bausünden der Renovierung von 1965 teilweise korrigiert werden. Besonders die Farbgebung, die sich wieder an den Gestaltungsmerkmalen Conrad Wilhelm Hases orientierte brachte der Malermeister Döpke aus Wettmar zur Geltung.

 

Die große Glocke von 1855 und die kleine  aus der Dreifaltigkeitskirche zu Hannover von 1883, die nach dem Weltkrieg nach Wettmar gekommen war mussten ebenfalls erneuert werden. Die Firma Rincker aus Sinn im Dillkreis nahm diesen für die Gemeinde denkwürdigen Glockeguss vor. Die große Glocke wiegt 91 Kg, Sie auf den Ton f´ gestimmt. Es ziert die Inschrift: ,, Hier ist Jesus“. Die kleine Glocke, die sogenannte ,,Engelsglocke“ ist dem Original, das unter Denkmalschutz stand, nachgegossen.  An der Krone ist sie mit Engelsköpfen verziert. Sie auf den Ton as´ gestimmt und wiegt 603 Kg. Auch die Turmkrönung und die elektrische Uhr mussten erneuert werden.

 

Gut 15 Jahre hatte die Gemeinde Bauruhe. Der nicht beachtete Zersetzungsprozess des Außenmauerwerks ließ die Kirche durch Steinschlag zur Gefahr werden. 1994 beschloss der Kirchenvorstand die Außeninstandsetzung von St. Marcus. Es galt die Bausubstanz zu retten. Eine großartige Spendenaktion machte dieses Großbauvorhaben möglich.

 

Im Jahre 2005 bis 2006 wurde die historische Engelhardt Orgel durch die Orgelbaufirma Bente restauriert. (siehe Engelhardt Orgel)

Vielen Dank an Hartmut Kitzing für die Bilder